Kurztipps Juni 2007
BAD KIDS
The Chumscrubber - versackte im Kino unter dem Titel "Glück in kleinen Dosen". Vorstadtkids entführen den kleinen Bruder des besten Freundes des örtlichen High-School-Dealers, der sich aufgehängt hat und seine Tasche mit vielen bunten Pillen vorher versteckt hat. Die Kids wollen die Pillen-Tasche, denn ohne Drogen ist die Vorstadt einfach nicht zu ertragen. Wundervoll böse und gut mit Ralph Fiennes, Glen Close und Carrie-Ann Moss besetzt, ist das der schmutzige kleine Bruder von American Beauty. Die DVD enthält weitere Szenen und Langfassungen von Szenen, ohne deutsche Untertitel, dafür ein kurzes Making Of, das man nur synchronisiert gucken kann, weil es keinen englischen Originalton mehr gibt. Dafür ist der Audiokommentar von Regisseur Arie Posin und Drehbuchautor Zac Stanford nicht untertitelt... insgesamt eine etwas wirre Ausstattung.
The House is burning - Amerika im letzten Drittel der Bush-Ära: Im Irak wird gestorben, die Armen sind nicht einfach ärmer geworden, sie sind eigentlich am Ende, fertig. Die Vorstadt ist kein Speckgürtel mehr sondern Hungerzone. Eine Handvoll Kids erlebt einen Tag, einer will nach Irak, eine will einen Job, alle wollen Drogen und Vögeln, und am Ende landet ein kleines Mädchen im Krankenhaus und wir halten die Luft an, ob die Kleine wieder zusich kommt. Der deutsche Holger Ernst hat in den USA dieses böse, witzige und traurige Portrait des "white trash" gedreht, des neuen Proletariats, ein bisschen wie Kids, nur dass hier die Erwachsenen nicht die Bösen, sondern einfach arme Schweine sind. Die DVD enthält drei Interviews, ohne deutsche Untertitel. Mehr wäre hier mehr gewesen.
RACHE
Lady Vengeance - eine Frau metzelt zurück. Nicht so wuchtig wie in "Oldboy", aber mit Bildern von bizarrer Schönheit schickt Park Chan-Wook seine Heldin in die Welt heraus, um sich für Demütigungen durch Männer zu rächen. Wenn und wie der Kinderschänder am Ende geschlachtet wird und wie alle anschließend gemeinsam einen Kuchen essen - das ist einmalig. Neben der DVD-Ausgabe ohne alle Extras gibt es eine 2 Disc-Variante mit Zusatzinfos.
STAR TREK
Q -Fan Collectice - sieht aus wie eine Auswahl der besten Folgen mit Q, tatsächlich gibt es gar nicht mehr als auf hier zusammengepackt wurde. Das Franchise Star Trek liegt vielleicht auch darnieder, weil die Vermarktungstechniken immer schäbiger werden. Es gibt keine Extras (außer den entnervenden Text-Kommentaren der Okudas), kein Booklet, und auf die 4. DVD hat man gerade mal 2 Folgen gepackt. Fans haben das alles schon, Un-Fans können damit eh nix anfangen.
SEX
In den Süden - weiße Frauen lassen sich im Haiti der 70er von schwarzen Liebhabern begatten. Dann kloppen sich zwei um den gleichen. Dann ist jemand tot und der Film zuende. Im Interview sagt der Regisseur, wie's gemeint war; sonst keine Extras.
ZUKUNFT
Children of Men - als ob Terry Gilliam "1984" verfilmen würde; allerdings der Gilliam von "Brothers Grimm", nicht der von "Brazil". Die Zukunft sieht düster und kinderlos aus, und ein faschistisches England ist das letzte freie Eckchen auf der Welt. Wie man aus solch einer Prämisse und trotz Clive Owen, Michael Caine und Julianne Moore einen derart langweiligen Film machen kann, bleibt rätselhaft. Nicht mal die 2. DVD, vollgestopft mit Extras, kann's erklären.
FAMILY
Thumbsucker - Vorkommnisse in einer durchschnittlichen Kleinbürgerfamilie. Trotz Keanu Reeves, Tilda Swinton, Vincent D'Onofrio und Lou Pucci uninspiriert brav und langweilig. Keine Extras
TV-KRIMI
Nachtschicht - eine lockere Reihe seltsam angeschrägter ZDF-Krimis. Lars Becker erfand ein Arschloch als Nachtdienstleiter der Kripo (Armin Rohde) und leicht verrückte Stories um ihn herum. Da überfällt etwa Uwe Ochsenknecht eine Bank und veranstaltet eine Gesprächstherapierunde mit den Geiseln. Lustig. Die meisten Story-Teile aber sind hausbacken. Vier Folgen sind bisher auf DVD erschienen.
KLAMAUK
Nachts im Museum - harmloser Spaß mit Saurier-Knochen. Das ganze Inventar eines Naturkundemuseums wird nachts lebendig. Ausgestopfte Löwen streifen durch die Gänge, Römer- und Cowboy-Puppen brechen aus ihren Dioramen aus und prügeln sich in der Lobby, und das Skelett eines Tyrannosaurus Rex will mit dem Nachtwächter Fangen spielen. Der ist Ben Stiller. Die Extras zeigen nicht nur die üblichen Deleted Scenes, sondern auch teure Irrwege, die so eine Produktion machen kann. Vergnüglich.
Alien Autopsy - Das All zu Gast bei Freunden - die erfundene wahre Geschichte der erfundenen Alien-Autopsie, die 1995 alle aufregte. Zwei brititische Komiker spielen mit Gästen (Harry Dean Stanton, Bill Pullman, Götz Otto) nach, wie Loser Ray Santilli einen echten Roswell-Film findet, verliert und mit Nachbarschaftshilfe nachdreht, um die UFO-Welt zu erfreuen. Das muss aber nicht stimmen, weil Ray Santilli die Fälschung erst einräumte, als er schon mit der Produktion dieser Fälschungs-Comedy beschäftigt war.
POLITIK
Silver City - John Sayles ist ein Phänomen. Er verdient seit Jahrzehnten sein Geld als Drehbuchautor für B-Filme (Pirhanas, Alligator) und Script-Doctor, und das gibt er immer wieder aus für anspruchsvolle Independent-Filme, bei denen teure Schauspieler für den gewerkschaftlichen Mindestlohn mitmachen. Diesmal sind dabei: Kris Kristofferson, Richard Dreyfuss, Daryl Hannah, Thora Birch, Tim Roth und Maria Bello. Am Rande der Wahlkampagne eines Bush nachempfundenen Politikers (noch ein Guter: Chris Cooper) taucht eine Leiche auf. Ein ehemals liberaler Journalist, der nun für Geld alles tut, soll herausfinden, ob Gegner der Politiker-Familie etwas damit zu tun haben. Wir entdecken Umweltskandale, Einwandererprobleme, Wirtschaftsverflechtungen und dass die Herrschenden allesamt Schweine sind. Die Extras erklären, wie Sayles 2004 einen explizit politschen Film ohne großes Studio machen konnte.
MARTIAL ASIA
Shinobi - ein düsteres Märchen aus dem japanischen Mittelalter: Romeo und Julia sind Elite-Killer aus verfeindeten Clans - und heimlich verheiratet. Darum herum wirbelt eine fantastische Schar von Superkriegern, Wolfsmännern, Giftfrauen und anderen tragischen Helden-Monstern mit guter Akrobatik und nicht so guten Digitaltricks herum. Die Bonus-DVD der Special Edition erklärt ein paar Tricks, aber leider nicht den Stellenwert der Shinobi in Japan.
Saikano - kleines Highschool-Mädchen wird zur Waffe. Die Realfilm-Umsetzung dieser Manga-Verfilmung auch: verwandelt interessierte Filmgucker in schläfrige Zombies. Öde bis zur Bewusstlosigkeit.
Dragon Tiger Gate - Hongkong-Gekloppe mit viel Computertricks und coolen Jungs. Der übliche Zwist zweier Karate-Schulen streift hier Bruder-Krach, organisiertes Verbrechen und allerlei Magie, und irgendwie schwankt die Story zwischen Jugendbuch und Kasperle-Theater. In vielen Einstellungen des Films und fast allen Beiträgen der Extras sieht man, dass ein Comic die Grundlage war, gar der "populärste Honkong-Manga aller Zeiten" laut Klappentext. Mit Bonus DVD als Gold Edition.
HORROR
Fragile - A Ghost Story - öde und in die Länge gezogene spanisch-britische Coproduktion, in der Calista "Ally McBealö Flockhart als traumatisierte Krankenschwester auf einer Kinderstation mit einem bösen Geist zu ringen hat. Regisseur Jaume Balaguero greift tief und souverän in die Trickkiste der Horrormätzchen (dunkle Flure, laute Geräusche, schnelle Schwenks), aber erstens hat er eigentlich kein Drehbuch, zweitens hat ihm jemand gesagt, Calista Flockhart wäre eine zerbrechlich wirkende Frau. Und nichts könnte falscher sein. Auf der zweiten DVD sind ein wirres Making Of, eine B-Rolle und ein überflüssiges Feature zu finden. Spanien als erste Horroradresse scheint sich langsam zu erledigen.
MYSTIK
Der Pakt - vier freundliche Hexerjungs kriegen Ärger mit einem fünften, der sich seit 300 Jahren irgendwie augeschlossen fühlt. Gute Optik und schnelle Effekte lassen vergessen, dass sich hier ein Nichts an Geschichte abspielt. Regisseur Renny Harlin erklärt im Audiokommentar, wie er's gemacht hat, dazu gibt's eine Featurette über die Dreharbeiten.
Cup of My Blood - der Weg zum Heiligen Gral führt über eine Porno-Site im Internet. Das und die Idee, den ganzen Film grünstichig auszuleuchten, sind die herausragenden Ideen in diesem halb gar dilettantischen Splatter-Film. Der hat trotzdem viele Extras und erzählt mehr als man über das hier je wissen wollte.
SURFEN
Wellenlängen - auch in Norwegen gibt es eine Surfer-Szene. Frierende Männer stürzen sich mit Neopren-Anzügen und Boards ins Meer um den "Tunnel" zu erwischen oder wenigstens heil wieder aus der Brandung zu kommen. An Land geht man derweil in Gefühls-Gezeiten unter. Zwei Männer lieben eine Frau, einer heiratet sie, und verlässt sie gleich wieder, um im Süden zu Surfen. Der andere repariert ihr die Küche, macht ihr ein Kind und lernt Wellenreiten, um ein richtiger Held zu werden. Die Extras erklären die Tricks und die nordische Wellenreiterei.
TRASH
Matando Cabos - mexikanischer B-Film über vier Deppen in zwei Teams: zwei entführen statt des Industriemagnaten nur dessen Hausmeister, zwei haben aus Versehen den Chef im Kofferraum. In den Extras sieht man, dass Regisseur und Drehbuchteam permanent bekifft gewesen sind. Ohne Stoff im Blut wirkt der Film daher etwas - verwirrend. Oder auch langweilig.
Evil Breed - Monster essen Touris. Keine neue Idee, aber dafür schlecht ausgeleuchtet. Die Pornostars Jenna Jameson, Chasey Lane und Ginger Lynn Allen schauen kurz vorbei, um sich massakrieren und auswaiden zu lassen. Als Extras gibt's 2 Deleted Scenes - mehr wäre hier mehr gewesen.
CRIME
The Departed - Scorsese hat seine "Oscar" nicht für seinen schlechtesten, aber doch dümmsten Film bekommen. Drei ungebändigte Knallchargen - Nicholson, DiCaprio, Damon - spielen eine Story runter, die seit "Hell's Kitchen" nicht mehr erzählt werden muss. In der 2 Disc-Edition erklärt Scorsese mit geradezu grotesker Ernsthaftigkeit ein paar "Deleted Scenes" ("Hier sitzt Billy im Abendlicht und guckt auf die Stadt... wir mochten die Szene..."). Dazu gibt's zwei Features, eines erzählt ein bisschen die Geschichte von Nicholsons Rollenvorbild Whitey Bulger (heute noch Nummer 2 auf der "Most Wanted"-Liste des FBI, direkt hinter Osama Bin Laden) und South Boston, im zweiten Beschreibt Scorsese, was ihn an Gangstermilieu-Storys anzieht.
ARCHITEKTUR
Zoning - Caper-Movie aus den deutschen 80ern, als Frankfurt noch fast keine Skyline und jeder Regisseur eine Botschaft hatte. Ulrich Krenkler lässt zwei Trickdiebe in einem fiktiven Hochhaus Personen-Aufzüge überfallen und ausrauben, um damit Zivilisationskritik zu üben. Die textlastigen Extras reichen für ein ganzes Soziologie-Seminar, der Film hätte als Kurzfilm auch gereicht. Historisch aber ist er hochinteressant.
KIDS
Brick - origineller "film noir", der so tut, als würde eine Chandler/Hammett-Story an einer High-School spielen. Brendan sucht Emily, die einem Drogendealer verfallen ist. Am Ende sind viele tot und keiner ist glücklich. Stilistisch beeindruckend, hängt die Story an vielen Stellen durch, was aber dank des immensen Tempos kaum auffällt. Und wer Tom Waits oder das Tin Hat Trio mag, wird den Soundtrack lieben. Die 2-DVD-Fassung in der Steelbox enthält eine Doku zu den Dreharbeiten, verlängerte kommentierte Szenen, eine Featurette, ein Feature über den Soundtrack, über Kostüme - und einen frühen High- School-Film des Regisseurs Rian Johnson, eine Ninja-Parodie mit dem Titel "Der Origami Meister".
The Quiet - ein taubstummes Mädchen erzählt uns aus dem Off, warum sie in der High-School als Freak gilt - und warum man nicht wegschauen kann, wenn eine Freundin von ihrem Vater mißbraucht wird. Die sehr böse "American Beauty"-Variante (mit einer beeindruckenden Elisha "24" Cuthbert und Edie "Mrs. Soprano" Falco) lebt von einer bestechend stilisierten Optik und dem rechtzeitigen Einsatz von Beethovens Klaviersonaten. Eine Menge Extras erklären, wie der Film entstand und warum man Schweineföten nicht im Internet bestellen kann.
SEX
The Strange Saga of Hiroshi, the Freeloading Sex Machine - junger Mann vögelt junge Frau bis die Erde bebt, die junge Dame wiederum muss mit einem Kampfgrillen-Händler vögeln, dem sie Geld schuldet. Der junge Mann beteiligt sich an Grillen-Sumo (sowas wie Hahnenkampf, nur mit Insekt) um die junge Frau zu befreien und landet schließlich auf dem Mond. Dieses überaus schräge und witzige Ding gehört zum "Pink eiga"-Genre, einer japanischen Sex-Film-Variante mit Regeln: In 60 Minuten müssen 4 Sexszenen vorkommen. Das jedenfalls erklärt Regisseur Yuji Tajiri in den "Extras" in einem langen Interview. dort erfahren wir auch, dass "Pink"-Filme in 3-6 Drehtagen entstehen und 10 Tage nach Drehschluss bereits in den Kinos laufen.
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