Kurztipps Februar 2007
GZSZ
Blood & Bones - Familiendrama nach einem Bestseller, von dem wir dummen Westler eh nur die Hälfte verstehen, weil es ein Schicksal innerhalb der koreanischen Gemeinde seit den 20er Jahren in Japan beschreibt. Was einem da an Anspielungen entgeht... was man versteht ist Takeshi Kitano als psychopathischer Patriarch, der gleich in seiner ersten Szene seine Frau vergewaltigt, später die Tochter die Treppe runter wirft, einem seiner Arbeiter ein glühendes Stück Kohle ins Gesicht drückt... der Mann ist heftig. Wie heftig, erfährt man auf der 2. DVD der schönen Box, wo ein längeres Making Of zeigt, dass Kitano sich gleich zu Beginn der Dreharbeiten die Schulter auskugelte und monatelang unter starken Schmerzen seine auch körperlich fordernde Rolle bewältigte. Außerdem lernen wir da, dass japanische Regisseure ihre Assistenten schlagen dürfen. Insgesamt liefert die Doppel-DVD-Box 320 Minuten Material - ein interessantes Wochenende ergibt das allemal.
LIEBE
Duelist - eine koreanische Mischung, irgendwas zwischen Bauerntheater, Martial Arts und Melodram. Polizistin verliebt sich in fiesen Möp - mehr Story ist nicht. Aber ungefähr alle zwei Minuten präsentiert Lee Myung-Se Bilder und Überblendungen, die man so noch nicht gesehen hat. Dem gesamten Film ist die Geschichte vollkommen egal, hier geht's nur um Schönheit, Pathos und Komik: Die Hauptdarstellerin Ha Jiwon ist ein echter Witzbold. Auf einer zweiten DVD gibt's ein Feature zur Entstehung (im Wesentlichen ein B-Rolle), Interviews, Trailer und ein Musikclip.
STRAUCHDIEBE
Hanzo The Razor - Sword of Justice - erster Teil einer japanischen Krawall-Trilogie aus den 70ern, in der jeweils der brave Gendarm Hanhzo im Mittelpunkt steht. Der ist erstens unkorruptbar und foltert gerne weibliche Verdächtige, indem er sie vögelt. Wenn die Damen dann jammern "Nicht aufhören!" - dann schlägt Hanzos Stunde und er bekommt alle Information, die er braucht. Das ist tatsächlich noch bescheuerter als es klingt und nur für Fans. Denen spendiert der auf derlei Ware spezialisierte Verleih Rapid Eye Movies ein exzellentes Bild und den O-Ton (in Dolby 2.0) mit Unertiteln. Als Extra gibt's eine Bildergalerie.
DRIN WIE FLYNN
Snakes on a Plane - der Inhalt ist im Titel enthalten. Samuel "Mothafucka" Jackson als FBI-Agent Flynn beschützt kreischende Fluggäste vor ca. 100 bösen Schlangen. Davor und dahinter gibt's eine Geschichte, aber die interessiert nicht weiter, denn die B-Film Company New Line Cinema nutzte schon während der Dreharbeiten einen beginnenden Internet-Hype um den Film (der vor allem wegen seines Titels aufgefallen war) und fragte die Fans, was sie denn in so einem Trash-Movie gerne sehen würde. Also wurde das Drehbuch geändert: Mehr Sex, mehr Gore, und Samule L. Jackson musste unbedingt den Satz sagen "Get these mothafuckin' snakes out of this mothafucking plane". Das alles erfahren wir in den üppigen Extras der DVD, wo der Schlangentrainer erklärt, dass sein Job weniger darin besteht, die Schauspieler vor den Schlangen zu schützen als seine Schlangen vor den Schauspielern: "Man muss auch den Mut haben, bei laufender Kamera ins Bild zu treten und seine Schlange zu retten." Mutig wäre auch gewesen, einen Cutter zu engagieren, der den Film an den halbwegs richtigen Stellen geschnitten hätte.
PATRIOTEN
The Sentinel - flauer Nachbau der "24"-Serie. Der Film über ein geplantes Attentat auf den US-Präsidenten ist erschreckend einfallslos und ergeht sich in den Ritualen der Dinge: Sonnenbrillen, kleine Mikrophone, scharfkantige Frisuren auf zackigen Kerlen. Drei Featurettes feiern den Secret Service als den besten Geheimdienst der Welt. Wer's braucht...
CRIME & STYLE
Black Dahlia - aus dem recht komplexen Ellroy-Roman über den ungeklärten Mord an Elizabeth Short hat Brian de Palma einen ansehnlichen Film gemacht, der zwei fantastische Hauptdarstellerinnen hat (Scarlett Johansson und Hillary Swank) und jede Menge überwältigende Kamerafahrten. Drei ausführliche Features (in denen Ellroy auftritt) erklären den Hintergrund des echten Falles und einzelne Aspekte der Verfilmung.
Miami Vice - Michael Mann ist der einzige Krimi-Filmer, der stylish und düster daherkommt. Seine Kino-Fassung des ehemals eher fröhlichen TV-Klassikers war stockdüster und zu Unrecht nicht erfolgreich. In zwei Specials wird erklärt, warum Michael Mann sich seine Locations zwischen Uruguay und Argentinien aussucht. Und wie es ist, als Undercover-Agent gegen Drogenbosse zu ermitteln.
TRASH
A Sound of Thunder - dass "Outland"-Regisseur Peter Hyams mal für 52 Mio. Dollar einen der schlechtesten B-Filme drehen würde war nicht zu erwarten. Nach einer Ray Bradbury-Story hüpfen Zeitreisende in die Kreidezeit und treten da aus Versehen einen Schmetterling platt, weshalb die Evolution der Humanoiden (!) völlig anders verläuft. Der 2003 abgebrochene Film (mit Heike Makatsch in einem semi-nackigen Kleinstauftritt) blieb wegen der Pleite der Produktionsfirma liegen. Wer diese Trick- und Storystümperei jetzt für die DVD zusammengeklebt hatte, sollte im Bauch eines T-Rex enden. Und Peter Hyams sollte wegen Rufschädigung klagen.
BIOPIC
Mohammed - Der Gesandte Gottes - eine rührende, schreckliche 171 Minuten lange Huldigung des Propheten aus den 70er Jahren. Anthony Quinn und Irene Papas gaben ihre guten Namen her, um eine britisch-arabische Koproduktion zu unterstützen (die 2 komplett eigenständige Versionen drehte, eine englische, eine arabische; mit anderen Schauspielern natürlich), die devot auf dem Bauch herumrutschend das Leben des Propheten erzählt, ohne dass der Herr - Obacht, Bilderverbot! - auch nur einmal ins Bild käme! Erstaunlich ist, dass jemand diesen herrlichen Quark noch einmal ausgräbt. Noch erstaunlicher ist, dass es tatsächlich eine 45minütige Original-Dokumentation zu den Dreharbeiten gibt.
IKONEN
Superman Returns - selten ist so viel Film mit so viel Getöse angekündigt worden - und dann so still beerdigt worden wie Bryan "X-Men" Singers rührende Superman-Version, die irgendwo zwischen Bibel-Verfilmung und Comic-Krawall anzusiedeln ist. Die Anspielungen in beide Richtungen sind nicht zu übersehen und überaus anrührend, nur das Genre der Superhelden-Krawallfilme will trotz aller monumentalen Weltuntergangsphantasie nicht richtig in Gang kommen. Kevin Spacey gibt einen schön lächerlichen Lex Luthor und mancher Einfall könnte am Anfang eines wundervollen Filmes stehen - der aber nicht kommt. Dennoch: Bryan Singer beim Scheitern zuzusehen ist aufregender als so manch gelungene Durchschnittsware. Auf der 2 DVD-Edition gibt's haufenweise Specials zu den Dreharbeiten, die aber leider auch nicht erklären können, warum das so schiefging.
KURZFILME
Shocking Shorts 3 - einmal in der Woche zeigt der Privatsender 13th Street Kurzfilme aus dem Genre Thriller und Mystery. Einmal im Jahr vergibt er den Shocking Shorts Award für beispielhafte Grusel-Kurzwerke. Und etwa alle zwei Jahre erscheinen 13 besonders schreckliche Filme auf DVD. Diesmal sind sie alle aus Deutschland, erzählen in durchweg professioneller Optik von Zombies und Teufeln, von Killern und Geistern. Am schönsten: eine Friedhofs-Episode in Lego-Animation und das rätselhafte Ende des letzten Comic-Zeichners der Welt. Mit Making Ofs und vielen Infos in den Extras.
European Award Winners - 8 Kurzfime aus Europa, auf verschiedenen Festivals preisgekrönt, versammelt die erste DVD-Ausgabe des "Night of the Shorts"-Programms. Es gibt knappe Pointen-Stories und beinahe elegische Stimmungs-Skizzen, lustige Animationen und überhaupt nichts aus Deutschland. Futter für Leute, deren Programmkino den Kurzfilm-Boom noch nicht mitgekriegt hat.
Sick and Twisted - diese Kurzfilme zeigt kein Kino, nirgends. Es wimmelt darin nämlich von kranken Ideen, spaßigem Splatter und einem sehr seltsamen Humor. Aus der ganzen Welt kommen die "14 kranken Kurzen", in denen finnische Großwildjäger Weihnachtsmänner für den Export schießen, eine gehäutete Laborratte Rache an einem Mad Scientist nimmt oder ein Computerspiel lebendig wird. Neben kruden Hobby-Produkten gibt es hochprofessionelle Stücke, und neben viel Vergnügen auch tiefernste Episoden.
LUDER
Wild Things - 10 Jahre nach dem Start spendiert der Verleih eine neue Ausgabe mit ein paar Extras dazu. Die sind nicht der Rede wert, aber Matt Dillon, Kevin Bacon und Denise Richards liefern immer noch einen sexy-spannenden Krimi ab.
INDISCH
Mission Azad - auch das Bollywood-Kino hat seine ruppigen Seiten. Holprig wie ein Italo-Western haut sich eine mutige Journalistin mit einem bösen Pakistani und schlüpft dazu in das Kostüm eines fiktiven Volkshelden. Irgendwie wird der mit einem netten Geschäftsmann verwechselt und hält dann flammende Reden gegen das Feind-Volk. Schlimmes Patrioten-Abenteur mit Tanz und Musik.
Beste Freunde küsst man nicht - typisch bunte Bollywood-Schnulze mit dem längsten Musical-Medley der indischen Filmgeschichte. Stiehlt geschickt aus vielen westlichen Quellen. In den Extras gibt es interessante Einblicke in den Filmbetrieb Bombays.
GESCHICHTE
Good Night And Good Luck - George Clooneys kluger Film über die McCarthy-Ära und den Mut einer Redaktion, sich mit den Herrschenden anzulegen, hätte ein paar mehr Extras auf der DVD verdient als nur ein Interview mit Clooney und ein paar Text-Infos "Wer war eigentlich Joseph McCarthy?"
ECHTZEIT
Sabado - Das Hochzeitstape - eine Braut wirft ihrem Macho am Hochzeitstag den Ring vor die Füße und sich selbst in die Arme eines Joggers, den sie schon lange vögeln wollte. In reiner Echtzeit am Stück gedreht, startet der chilenische 60Minüter mit enormem Schwung, den er aber nicht halten kann, weil ihm die Geschichte ausgeht. Als "Extra" gibt's eine zweite Version, eine Probenfassung und ein technisch sehr schlechtes Interview mit dem Regisseur.
COMEDY
Kurt Krömer: Na, Du alte Kackbratze - er sieht scheiße aus und hat den Umgangston eines Berliner Hausmeisters. Mit Kiez-Klischees und Stoiber-Witzen zieht Kurt Krömer in diesem Live-Mitschnitt das Publikum der Berliner Wühlmäuse schnell auf seine Seite. Auch die penetranten Verweise auf seinen Anzug, laut Krömer "Modell rumänischer Nuttenpreller", ernten reichlich Lacher. Wenn den überaus absehbaren Gags über Skins und Waldorfschüler völlig die Luft ausgeht, kommt Krömers Geheimwaffe zum Einsatz: Der direkte Zuschauer-Kontakt mit Anfassen, Fragenstellen und kräftiger Publikumsbeleidigung. Live mag das drollig sein, vom Sofa aus zieht sich das ziemlich in die Länge.
|