Kurztipps Dezember 2006

AFRIKA

Moolaadé - Bann der Hoffnung - Irgendwo in Afrika prallt die Moderne mit Plastikschüsseln und Kofferradios auf die alte Tradition. Und alte Traditionen prallen aufeinander, die Frauenbeschneidung und das Recht, die Schwachen zu schützen. Ousmane Sembène, Afrikas ältester unabhängiger Filmemacher, drehte einen politischen Film auf der Grenze von Idylle und Ideologie. Beschneidung ist ein Verbrechen, Radiohören macht Frauen aufmüpfig, aber gute Traditionen wie der Schutzbann Moolaadé helfen besser als die bloße Übernahme von modernem Schnickschnack. Extras: ein Making Of und ein Interview mit dem Regisseur.

GESANG

Wie im Himmel - mehr Kunst als Kitsch. Ein Star-Dirigent kehrt nach einem Herzinfarkt zurück in sein Geburtsdorf. Dort macht er aus dem Laien-Kirchenchor einen mitreissenden Klangkörper. Alle Herzen öffnen sich beim Singen, verschorfte Konflikte brechen auf, die Pfarrersfrau wird wuschig, die Göre wird tief. Eine Extra-DVD enthält viel Making Of und Material zu zwei zentralen Film-Songs.

Maria an Callas - Götz George spielt einen Edel-Designer und weint gern im Regen. Seine Frau ist nämlich tot. Dann entdeckt er ihre geheime E-Mail-Freundschaft mit einer gewissen Anni. In der gab sie sein Leben im Jet Set als ihres aus und schwärmte von Museen, wo er auf Messen ging. George übernimmt, man weiß nicht warum, die Schwindelrolle seiner Frau, und man weiß sofort: er wird die Anni kriegen. Gerade weil die ihre Pommesbude in Meck-Pomm mailings zum Nobel-Strandhotel hochfantasiert. Aus einer Studie über Einsamkeit und Lebenslügen wird eine schicke Schnulze. Immerhin singt immerzu Maria Callas im Hintergrund, das hilft über vieles hinweg.

ALIENS

Pale Blue Moon - seit Kindertagen ist Simon Applewhite überzeugt davon, dass böse Morgonen eine Invasion planen. Als ein Dorf-Sheriff den skurrilen Spinner ins nächste Sanatorium bringen will, verdichten sich die Zeichen: Hier geht etwas vor. Story und Film sind ebenso wirr wie sympathisch, der Alien-Paranoiker hat eigentlich ein ganz anderes Problem, das der Film in einer großartigen Schlußvolte in schöne Bilder packt.

VIECHER

Ab durch die Hecke - nette Animationen, schwache Story (der Walt... sorry: der Wald ist weg), viel Moral, wenig Witz. Das schwache Buschfeuer wird durch Haufenweise Hammy-Gimmicks gehypt, das hypernervöse Eichhörnchen, an dem eigentlich auch nichts witzig ist, die Doppel-DVD enthält neben dem Film nur ein paar Web-Links und Druckfeatures (Figuren zum Ausmalen, Briefpapier).

DEUTSCH

Dittsche - Egal was die Jurys von Grimme- und Fernsehpreis sagen, oder all die augenzwinkernden Super-Asi-Fan-Clubs: wir finden Dittsche - Das wirklich wahre Leben nicht wirklich lustig. Olli Dittrich gibt im Bademantel den Arbeitslosen der Nation, nuckelt Bier, rettet geplatzte Würstchen vor dem Abfall und hat zu allem irgendwas Nichtssagendes zu sagen. Das könnte absurdes Theater sein, aber es ist doch bloß Comedy, die Pausen mit Timing verwechselt. Neben den 11 Folgen der ersten Staffel enthält die aufwändige Klapp-Papp-Box auch frühe Vorformen der Dittsche-Figur, an der Olli seit 1991 - mmh - herum probierte. Gerade eben erschien auch Staffel 2. (jeweils 2 DVD)

Sommer vorm Balkon - nicht nur wegen des DDR-Urgesteins Wolfgang Kohlhaase (der das Drehbuch zum Film improvisierte) sieht das nach Ossi-Humor aus: leidlich witzig, ein bisschen kritisch ohne weh zu tun, und was Regie und Drehbuch sich nicht trauen, reissen die Schauspieler raus, hier Inka Friedrich, Nadja Uhl und Andreas Schmid. Dass Planung und Dreh ziemlich larifari waren, kann man den vielen Extras entnehmen und dort den vielen geschnittenen Szenen. Anschließend denkt man, dass der ganze Film zufällig entstand.

KINO

Der Mann der die Sterne macht - Italo-Komödie um einen Windhund, der durch die sizilianischen Dörfer zieht und den Leuten einredet, er sei Filmemacher. Die DVD enthält keinerlei Extras, nur eine für die DVD auf Dolby 5.1 umgemischte deutsche Tonspur, nicht mal der italienische Ton ist drauf.

KLOPPE

Mr. Socrates - seltsam krude und faszinierend: ein mieser Straßengauner wird von einem Gangster-Syndikat gekidnappt und geschult, damit er Polizist werden kann und für das Syndikat arbeiten kann. Tatsächlich bewirkt der Kontakt mit dem Gesetz bei dem Gauner ganz etwas anderes. Der Film lässt sich sehr viel Zeit, um zu seinem Thema vorzudringen, scheint dabei die Handlungsfäden aus den Augen zu verlieren, und die Extras zeigen, dass wirklich ein paar Szenen fehlen. Dass er hier keine Jugendfreigabe erhielt, ist allerdings albern, da er beinahe sanft in den Action-Szenen ist.

MYSTHISCH

Medium - Die Ankündigung im deutschen Privat-TV klang wenig verlockend nach "Oh, schon wieder eine Mystery-Serie". Die nähere Beschreibung des Konzepts machte auch nicht mehr Lust: Schicksale einer hellsehenden Hausfrau, nach einer wahren Begebenheit. Nur die Besetzung der Hauptrolle mit Patricia Arquette lockte ein paar Zuschauer - und die wunderten sich doch sehr. Sicher, die Heldin sieht tote Menschen und löst mit deren Hilfe Kriminalfälle, aber sie hat auch manchmal Schnupfen und muss die Töchter zum Klavierunterricht bringen. Außerdem sieht sie ganz unheldenhaft normal aus und macht Fehler. Das ist ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher: in Amerika war die Serie vom Start weg so beliebt, dass die erste Staffel außerplanmäßig drei Extra-Episoden spendiert kriegte. Die 16 Folgen gibt es nun als 4 DVD im Schuber. Leider sind keine Extras dabei, und leider orakelt der Klappentext auch nur nebulös, hier seien die "Macher von Das Modell und der Schnüffler" am Werk. Um genau zu sein: Glenn Caron schrieb die Konzepte zu Medium und Das Model, und im Produzenten-Team wimmelt es von Leuten mit guten Referenzen (Remington Steele, Cybill, The Shield, Amy, Ally ...). An den Beispielen sieht man schon, dass Medium neben den "Fällen" viel wert legt auf Familie und Humor. Würde sich sonst schon in Folge 3 der Ehemann der Hellseherin darum sorgen, wie er zu ihrem Geburtstag eine Überraschungsparty organisiert? (4 DVD)

Bezaubernde Jeannie - Endlich ist sie so da, wie man sie in Erinnerung hat: in Farbe, mit Comic-Vorspann und lustiger Titel-Musik. In der ersten Staffel, 1965, fiel Barbara Eden als Flaschengeist dem jungen Larry Hagman noch Schwarzweiß in den Schoß. Später wurde sie nachkoloriert. Erst in der gerade erschienen 2. Staffel ist Jeannie niedlich bunt und, in der Rückschau gesehen, ziemlich subversiv. Ein Fräulein im orientalischen Baby Doll treibt sich bei einem unverheirateten Astronauten herum? Sowas regte damals in Amerika durchaus Moral-Wächter auf. Andersherum ließen hierzulande stilsichere TV-Redakteure die nervenden Lachbänder weg, mit denen Sitcoms im Original die Witze markierten. Jeannie funktioniert auch heute noch, harmlos absurd, ohne Zeigefinger. (4 DVD)

KRIMINELL

Für alle Fälle Fitz - 3. Staffel - Auf 3 DVD und in schöner Box erscheint das Ende einer Epoche: Psychofritze Fitz verabschiedet die Thatcher-Ära. Zu Beginn der Serie stand die Verelendung eines Landes im Mittelpunkt. Die armen Seelen, die darin lebten und Verbrechen begingen, scheiterten an ihrem sozialen Kontext. Jetzt wird alles recht gefühlig - Fitz' Frau flirtet mir dessen Bruder, sein Sohn fällt in die Hände einer Killerin, Sergeant Beck kriegt endlich, was er verdient - und am Ende der Serie müsste eigentlich Tony Blair ins Bild kommen und rufen "Kinder, nuŽ wird's gemütlich". Auf zwei der drei DVD sind gerade mal 100 Minuten Film, dafür gibt's erstmals ein "Special": Ein damals im ZDF versendetes Feature über die Synchronarbeiten. (3 DVD)

Moonlighting 3 - zu Beginn der 3. Staffel werden noch ein paar Kriminalfälle abgearbeitet. Und auch die Einzelfolge Atomic Shakespeare ist ein Highlight der Serie ("Der Widerspenstigen Zähmung" wird mit dem Personal der Detektei und einigen Modernisierungen nachgespielt). Und dann betritt Mark Harmon die Szene, schöner und talentierter als Tom Cruise und darf als Shepherds love interest mit der Hauptdarstellerin schlafen und treibt Bruce Willis als David Adison drei Folgen lang in eine tiefe Eifersuchtskrise. Jetzt ist die Serie nichts anderes mehr als ein Vorläufer von Ally McBeal: Wer krieg wen warum nicht und warum quasseln alle ständig über Beziehungen? Der Witz ist: Bruce und Cybill steigen schließlich zusammen in die Kiste und kriegen sich doch nicht. Formal hat Moonlighting alle Grenzen zu sprengen versucht: Mal erkennen Maddy und David, dass sie ihre ständigen Streitereien schon deshalb fortsetzen müssen, weil sonst die Einschaltquoten sinken. Ein Schutzengel spielt mit Maddy die Weihnachtsgeschichte nach und zeigt ihr, was geschehen wäre, hätte sie seinerzeit die Agentur verkauft: in den Räumen sitzt eine Detektei namens "Hard to Hard" - in Deutschland als Hart aber herzlich bekannt. Beim Mehrteiler fasst ein Fernsehkritiker den Inhalt zusammen, lässt sich einen Geldumschlag geben und sagt "Ich glaube nicht, dass das meine Integrität beschädigt." Dass der Mann wirklich TV-Kritiker war erfahren wir in einem der vier Audiokommentare, die auf den 4 DVD als einziges Extra dabei sind. (4 DVD)