Kurztipps September 2006

KITSCH

Shadows in the Sun - Joshua Jackson, der zweite Mann aus Dawsons Creek, reist als Jungschriftsteller nach Italien, um einen seit Jahrzehnten verstummten Groß-Romancier (Harvey Keitel) wieder zum Schreiben zu überreden. Keitel gibt sich grantig, Jackson macht den Trottel, Clarie Forlani als Keitels Tochter verdreht ihm den Kopf und alles wird gut. Mit ein paar Interviews.

DÄNEN

Das Fest - vor 10 Jahren wurde Dogma geboren, das dänische Filmwunder, und alles begann mit diesem Film. Lars von Trier udn ein par Freunde beschlossen, ab sofort Kunstlicht, Stative und Nachtvertonung zu verbieten, um im selbstgewählten spartanischen Korsett wahrere Filme zu machen. Tomas Vinternberg drehte Das Fest, der ersten offiziellen Dogma-Film. Es geht um ein großes Familienfest zum Geburtstag des Patriarchen. Lebenlügen werden aufgedeckt, die Katastrophe bricht herein - Ibsen für Kinderschänder. Die DVD bietet den dänischen und deutschen Mono-Ton, sowie einen Audiokommentar des Regisseurs und ein Porträt des Drehbuchautors mit Untertiteln. Dazu gibt es eine Bonus-DVD mit allerlei Dogma-Features. Das lustigste erzählt, mit einem gesungenen Kommentar, von der Reise eines englischen Film-Teams zu den Dogma-Göttern und wie sie den ganzen nüchternen Dogmatismus als Bierlaune entlarven. Sehr ergreifend.

DEUTSCHE

Das Arche Noah Projekt - mit diesem Film begann 1983 die Karriere von Roland "Godzilla" Emmerich. Die Abschlussarbeit des Filmstudenten wurde mit viel Einfallsreichtum zum beinahe hollywoodreifen Mix-Up von 2001 und Alien, was die Optik angeht. Inhaltlich geht es um einen europäischen Klimakontrollsatelliten, den die bösen Amis nutzen, um eine Invasion am Persischen Golf zu tarnen. Die deutsche Satelliten-Besatzung tut was dagegen und kriegt Ärger. Die DVD bringt den Film jetzt im originalen Breitwand-Format in aufgemischtem Dolby 5.1. Es gibt Kapitel-Unterteilungen aber keine Extras. Seltsamerweise ist der Titel in Englisch (The Noah's Arc Principle), der Ton aber nur in Deutsch.

Fitzcarraldo - der Film ging als Gewaltakt in die Geschichte ein. Werner Herzog ließ Klaus Kinski und Hunderte Indios einen echtes Schiff über einen Berg am Amazonas ziehen, ein tobender Kinski wollte Herzog erschießen, der Indio-Häuptling bot Herzog an, den Krakeeler zu beseitigen, ein halb gedrehter Film mit Jason Robards und Mick Jagger wurde abgebrochen und verbrannt ... und doch sieht Kinski in Fitzcarraldo so glücklich wie nie aus. In den Extras: ein Audiokommentar von Werner Herzog und Auszüge aus Kinskis Original-Vertrag. Sehr interessant.

DOKU

Metal - A Headbangers Journey - ein amerikanischer Anthropologie-Student dreht als Examensarbeit eine Doku über Heavy Metal Musik. Er besucht noch lebende Götter (Toni Iommi, Ronnie James Dio, Iron Maiden, Slipknot, aber nicht Ozzy Osbourne), er interviewt Fans, Freunde und Gegner, und er recherchiert in der norwegischen Szene, wo Black Metal im Museum steht und Satanspriester Kirchen anstecken, aber auch süße Studentinnen Bauchtanz mit Trash-Metal vermählen.

PSYCHO

Duplicity - ein glücklich verheirateter Mann mit Kind erfährt plötzlich, dass sein Zwillingsbruder nicht als Kind bei einem Unfall verstarb. Auch seine Eltern haben damals überlebt. Warum musste er in einem Waisenhaus aufwachsen? Warum macht sich der neue Bruder an seine Familie heran? Harry Cleven inszeniert seinen Thriller ein wenig wie Hitchcock, ein wenig mehr wie Lynch. Es gibt eine Version ohne Extras und eine mit knapp 30 Minuten Making Of, Interviews und ein paar FX-Szenen, die erklären, wie Benoît Magimel die Doppelrolle angelegt hat.

KRAWALL

Alien VS Predator - Comic-Leser warteten seit Jahren auf den Film zum gedruckten Mesh Up zweier Kino-Monster. Dann schlug Paul W. Anderson (Mortal Combat, Resident Evil) zu und es wurde grauenhaft. Zwar beherrscht er alle Tricks, um mit wenig Geld viel Optik und etwas Wumms zu bauen, aber die Story... tja, welche Story? Viele Szenen aus 4 Alien und 2 Predator-Filmen werden nachgestellt, damit Kenner was zu Lachen haben. Als Extra gibt es eine Extended Version, die ein paar Logik-Schnitzer beseitigt, einen Audio-Kommentar, in dem Anderson über das knappe Budget klagt und in der 2Disc-Version allerlei Making Ofs.

ZUKUNFT

AeonFlux - aus der ziemlich schräg-erotischen und 10 Jahre alten MTV-Zeichentrickserie wurde ein recht schräg-unerotischer Feature-Film mit B-Charme und der göttlichen Charlize Theron, die offenbar alles spielen kann. Das Drehbuch ist blöd, die Kostüme sind verrückt, gedreht wurde in Berlin, das ganz schön futuristisch aussehen kann. Ex-Tänzerin Theron machte alle Stunts selbst, aber den Knöchel verstaucht hat sie sich, als sie mit hohen Absätzen eine Treppe runter gehen sollte. Das erzählt sie in einem der beiden Audiokommentare (der andere ist von den Drehbuchautoren), dazu gibt's jede Menge Making Ofs, über Stoffentwicklung, Drehortsuche (erst wollte man in Braslia drehen), die Geldnöte. Nur wie man die nicht minder göttliche Frances McDormand zu einem Gastauftritt überreden konnte, wird nicht verraten. Schade. Pete Postlewaite immerhin erzählt, ihm habe der Stoff gefallen.

POLITIK

Munich - Steven Spielbergs Thriller um das Olympia-Attentat von 1972 erstickt daran, es jedem Recht machen zu wollen. Weil der Film keine Position hat (außer einer verstiegen-utilitaristischen: Rache ist uneffektiv und trifft manchmal die Falschen), kann er dem brisanten Thema auch optisch wenig abgewinnen und verliert sich in Kitsch-Höhepunkten, wo im Gegenschnitt gleichzeitig gevögel und gemordert wird. Die DVD kommt mit einem Mini-Feature auf den Markt, das die Problematik des Films und seines Themas nicht einmal streift und nur Statements aller Beteiligten darüber enthält, wie geil es war, mit Spielberg zu drehen.

Unser America - etwas sentimentale Dokumentation über das Chile seit der Allende-Zeit und über die Frage, wohin all die linken Betriebsnudeln verschwunden sind. Das ergibt einen mäßig tiefen Essay (das Böse ist immer und überall) und einen manchmal witzigen Film, weil vor allem weibliche Protagonisten vorkommen, die viel weniger weinerlich sind als es die Filmemacherin gern hätte. Die DVD enthält keine Extras.

Der ewige Gärtner - aus einem klugen und analytischen Thriller ist ein sentimentaler und unspannender Film geworden, der einem irgendwie das Gefühl vermittelt, dass nicht alles in Afrika zum Besten steht. Die 2 Disc-Edition enthält neben dem Film ein paar schlampig zusammengestellte und banale Extras: Afrika ist schön, Kenianer sind gastfreundlich und britische Diplomaten eigentlich ganz anders. Warum le Carrés Buch für den Film so abschwächelnd verändert wurde - darüber wird kein Wort verloren.

KRISEN

The Weather Man - die Ratlosigkeit, die den deutschen Verleih auf einen deutschen Titel verzichtien ließ, durchzieht den ganzen Film. Nicholas Cage als Wetter-Moderator hat ne Sinn- und Lebenskrise. Die Ehe ist im Eimer, die Kinder werden im fremd, sein Vater (göttlich: Michael Caine) hält ihn für einen Trottel. Aus all dem haben Filme, von Bliss über Der Eissturm, von Stardust Memories bis L.A. Story ihren Witz bezogen. Der hier ist einfach nur öde und stylish. Was das Drehbuch (von Steven Conrad) nicht erzählt, muss das Decors hergeben. Die DVD enthält ein kleines Feauture, das sich vor allem mit der Genialität des Drehbuchs befasst.

MÜLL VON GESTERN

De Sades Eugenie - Jess Franco-Filme sind nicht nur inhaltlich leer, auch formal sind sie eine Zumutung. Da wackelt die Kamera, bibbert das Licht und die Schauspieler können einem in vielerlei Hinsicht leidtun. Das hier, gedreht 1969, hat natürlich nichts mit De Sade, aber viel mit der Sexwelle der 70er zu tun und könnte heute im Nachmittagsprogramm des ZDF laufen. Zum Film gibt's ein ausführliches Interview mit Hauptdarsteller Jack Taylor.

SCHRECKLICH

Praying Mantis - ein belgisches Erotik-Horror-Märchen. Eine irgendwie tödliche schöne Frau verdreht einen Kopf, heiratet - und schafft sich einen Geliebten an, um ihren Mann nicht verspeisen zu müssen. Die Bilder sind gelackt, der Sex ist oh lala, der Schrecken ist doch arg poetisch. Als Kurzfilm wäre das mitreißend. Die Extras erklären Biologie und Mythos der Gottesanbeterin.

The Cave - einfacher aber effizienter Höhlen-Horror. Ein Wissenschaftler-Team taucht und klettert in einem rumänischen Höhlensystem herum und wird von garstigen Wesen dezimiert. Das ungewohnte Setting sorgt für neue und gut fotografierte Bilder, der vorhersehbare Action-Plot ohne viel Drama sorgt für Adrenalin. Die Extras erklären ausführlich den Animatronics-Monster-Bau.

The Dark - mit beinahe japanischer Handschrift wird ein kleines Mädchen in die Untiefen walisischer Spuk-Geschichten gejagt. Warum springen die Schafe von der Klippe? Warum repariert der Priester seine Kirche nicht? Wohin verschwindet die Kleine und wer ist das Geister-Kind, dass die Mutter so dräuend lockt?

Böse Nacht Geschichten - 13th Street bringt zwei Sendereihen mit Kurzfilmen als Package. Auf dem ersten räkeln sich 13 Schauspieler/innen auf einem Bett und lesen Kurzkrimis vor. Manche Stories sind gut, aber das Konzept ist doch auf dem Hörbuch besser aufgehoben. Auf der zweiten fährt Omar Sharif 13 Gäste mit seinem Taxi herum und erzählt ihnen seltsame Kurzkrimis, die verschiedene Regisseure dann ausinszenieren. Der bekannteste ist Florian von Donnersmarck, früher Preisträger des 13th-Street-Shocking Shorts-Wettbewerbs, inzwischen mit Das Leben der Anderen zu Ansehen gekommen. Das hat was.