Kurztipps April 2006

SF VON GESTERN

Die Insel - Ewan McGregor hat einen Job als Organbank auf zwei Beinen und sattelt um auf Revoluzzer. Wirklich erstaunlich an diesem gut designten Michael Bay-SF-Film ist, dass er den Amis zu intellektuell war und daher floppte. Dabei glänzen hier nur Optik und Kamera, Drehbuch und Schnitt verlieren sich in falschen Anschlüssen, Löchern in der Story und einer SF-Idee von vorgestern.

HELDEN

Transporter - The Mission - nette Fortsetzung, gedreht in Miami, was für ein paar Ami/Franzosenwitze gut ist und ne Menge schöner Bilder. Ansonsten gibt's eine gute Stunt-Choreographie, Kate Nauta als tödliche Teufelin in Bikini und Strapsen, erstaunlich wenig Verfolgungsjagden, kein Drehbuch und das heimliche Eingeständnis, dass Superheld Frank offensichtlich impotent ist und nix weiter kann als Autofahren. Auf der "Special Edition" gibt's Interviews, Making Offs und weitere Szenen.

Die Legende von Zorro - Zorro arbeitet jetzt für die Regierung. Seine Frau auch, allerdings eher gezwungenermaßen, denn Frau Zorro ist Mexikanerin, und die Amis haben gerade mal wieder Angst vor Einwanderern und Rufus Sewell (als glattrasierter Vorgänger von Bin Laden). Der 2. Teil der Banderas/Zeta-Jones-Connection ist so witzig wie der erste, hat eine Menge feiner Stunts und eine gute Geschichte, die kräftig in die Gegenwart reinschwappt. Die DVD hat einen Haufen Extras zu Technik, Tricks und Tücken, entfallene Szenen und Produktionsnotizen.

MÄRCHEN

Tim Burton's Corps Bride - Burton ist längst zum Schutzpatron der Stop/Motion-Technik geworden, ohne seine Projekte wär dieses Herstellungsverfahren vollkommen tot. So sorgen die verrückten Ideen Burtons regelmäßig für kleine Filme, die auf den ganz speziellen Charme aufmerksam machen. Hier verlobt sich ein viktorianischer Herr aus Versehen mit einer Toten - und stellt fest, dass es im Totenreich erheblich aufregender zugeht als unter den Lebenden. Die DVD enthält eine Menge Extras, Produktionsnotizen und Interviews mit Machern und Sprechern (Johnny Depp, Helene Bonham Carter, Emily Watson, Albert Finney...).

Brothers Grimm - über ein Jahr lag dieses Ding im Giftschrank, bevor die sterbene Firma Miramax Terry Gilliams Märchen-Film doch noch herausbrachte, in einer schlecht geschnittenen Fassung, nicht mal die Digital-Effekte sehen ordentlich beeendet aus. Nach 5x gucken würde man vielleicht verstehen, was Gilliam mit dieser Mischung aus Slapstick, Mythenkitsch und Historienmumpitz eigentlich wollte; aber man ist schon froh, den Film 1x überlebt zu haben. Auf einer 2. DVD gibt's ca. 35 Minuten Bonusmaterial: Deleted Scenes, optische Aufbereitung - auch hier wird nicht klar, warum dieser hoch budgetierte Film dermaßen in die Hose ging.

POLITICS

Der letzte Tag des Salavador Allende - war der 11. September 1973. Draussen putschte, von der CIA unterstützt, der General Pinochet gegen die gewählte Regierung, drinnen erschoss sich der Präsident. Michael Trabitzschs Kinodokumentation konzentriert seine Zeitzeugenbefragung auf diesen einen Tag. Nur wenige Bilder stellen Zusammenhänge zur Weltpolitik her (Am schönsten: Allende spricht vor der UNO vom Anspruch Lateinamerikas auf Freiheit und Fortschritt. Alle klatschen). Und manchmal werden die Bilder aus dem modernen Chile schwarzweiß und verschmelzen mit den Archiv-Aufnahmen. Aus Bonus erklärt eine TV-Doku von Trabitzsch, welche "Verschwörung" hinter dem Putsch steckt.

Die syrische Braut - einerseits eine böse Komödie um Grenzen, Stempel, Bürokraten und leicht paranoide Militärs: die Drusin Mona will in Syrien heiraten, lebt aber auf den israelisch besetzten Golan-Höhen. Reist sie erst einmal nach Syrien aus, werden die Israelis sie nie wieder zurücklassen. Andererseits handelt der Film von der Zerrissenheit einer Familie zwischen Tradition und Moderne, dem Konflikt eines Vaters, der seine Kinder zur Selbständigkeit erzieht und dennoch den Dorfältesten Gehorsam schuldet. Und von der Schwester der Braut und überhaupt der Situation der Frauen. All das ergibt kein Belehrungskino, sondern eine frische und freche Komödie, die am Grenzzaun endet und ein sehr mutiges Ende hat. Die DVD sollte man in der Originalfassung sehen (schon wegen der Vielsprachigkeit, die in der - technisch schlechten - deutschen Fassung verlorengeht), sie enthält außerdem ein hilfreiches "Making of", wenige "Deleted Scenes" und einen (nicht untertitelten) englischen Audiokommentar des Regisseurs. In einer Sonderedition gibt's zum 20seitigen Booklet auch noch den Soundtrack, der eine schöne Mischung aus Jan Garbarek und orientalischer Folklore darstellt.

Ein Tag ohne Mexikaner - etwas überdehnte, aber sehr freche Vision eines Kaliforniens, in dem eines Tages alle Mexikaner verschwunden sind. Weshalb 97 Milliarden Dollar des Bruttosozialroduktes perdu sind, die Restaurants schließen müssen, die Obsternte liegenbleibt und überhaupt ein Land vor dem Kollaps steht. Den Republikaner wird ihre heftige Anti-Immigrationskampagne heftig um die Ohren gehauen, während das vorwiegend mexikanische Team sich auch lustvoll mit den Eigenheiten der eigenen Kultur befasst. Neben der guten deutschen Version gibt's die Englische ohne Untertitel und keine weiteren Extras.

PSYCHOTISCH

The Jacket - im ersten Irak-Krieg kriegte Jack (Adran Brody) eine Kugel in den Kopf, seitdem gehen ihm Gegenwart und Zukunft durcheinander. Hat er einen Polizisten getötet? Sperrt ihn der rätselhafte Irrenarzt (Kris Kristofferson) in einer Zwangsjacke in den Leichenschrank? Kann er aus dem in eine Zukunft fliehen, in der er schon 15 Jahre tot ist? Aber sich trotzdem in Keira Knightly verliebt? Seltsam morbide mit einem Schuss Herz.

PETER FALK

Wilde Tage - Großvater Peter Falk erzählt immer so komische Geschichten von Zirkusschiffen und großen Abenteuern, sein Sohn aber findet das Geflunkere schlecht für den ängstlichen Enkel. Natürlich entführt Opa den Jungen, natürlich findet der Sohn auf der Jagd endlich zum Vater, und natürlich ist Tim Burtons The Big Fish viel größere Kunst. Aber für einen familienzusammenführenden TV-Nachmittag ist es gut genug.

American Roulette - ein italienischer Casino-Thriller von 1968, in dem Peter Falk einen Mafiosi in Las Vegas gibt, John Cassavetes einen Super-Dieb und Britt Ekland die Mieze. Nicht gut, aber sehr seltsam: Jim Morrison (ja, der von den Doors), ist dabei, Ennio Morricone macht die Musik, es gibt Deleted Scenes und ein alternatives Ende (da überleben John und Britt), aber nur eine deutsche Tonspur.

TAUBENZÜCHTER

Die Helden von Eisenheim - Elke Heidenreich erzählt aus dem Off Epsioden aus dem Leben von Manni und Gustav Heldt. Die beiden sind Taubenzüchter in Oberhausen-Eisenheim und der Film ist eine liebevolle Dokumentation, die fürs WDR-Fernsehen entstand. Die DVD liefert etwa 30 Minuten Extra-Episoden.

BLUTIG

Baron Blood - furchtbarer 70er-Jahre Italo-Horror mit großen internationalen Namen: Jospeh Cotton und Elke Sommer spielen eine der damals üblichen Folterkammer-Stories durch. Das Label ems bringt nach und nach alle Filme Mario Bavas, des italienischen Roger Corman, in netter Ausstattung heraus. Diesmal dabei: ein Interview mit Elke Sommer.

FUSSBALL

Die Helden von Bern - Am Anfang war es nur eine Semesterarbeit von Animations-Studenten in Offenburg, die eher zufällig ins Internet geriet. Zu einem Zusammenschnitt der legendären "Aus Aus Aus"-Reportage Herbert Zimmermann spielten Lego-Männchen in einem Lego-Stadion die schönsten Szenen des WM-Endspiels von 1954 nach. Und hatten in Homerecorder-Stop-Motion auch allerlei witzige Nebenepisoden, die in keinem Geschichtsbuch stehen. Sönke Wortmann engagierte die Studentenarbeit als Vorfilm für sein "Wunder von Bern", mehrere Festivals zeichneten die Logo-Mannschaft aus. Inzwischen arbeiten die Filmemacher an einer Fortsetzung in Cinemascope: Helden von 2006 spielt die WM 06 schon mal vorher durch. Die DVD enthält als Bonus ein langes Interview und einen Werkstatt-Bericht.

KLASSIKER

Begegnung - bevor David Lean Monumentalfilmer wurde, brillierte er mit Kammerspielen. Dieses, 1945 nach einem Bühnenstück von Noel Coward gedreht, spielt fast nur auf einem Bahnhof. Immer wieder trifft da eine verheiratete Frau ihren Liebhaber, bis der ausser Landes gehen muss. Sehr tragisch, very british und mit viel Extra-Info, aber leider nur als Text.