Kurztipps November 2005

SEX

9 Songs - weil in seinen bisherigen Filmen kaum Sex vorkam, wollte Michael Winterbottom alles in einem Film nachholen. Die Idee: Liebe darzustellen, indem man alles Psychologisieren weglässt und stattdessen ausgiebig ein Paar beim Sex filmt. Heraus kam dabei "der freizügigste britische Film aller Zeiten" (Winterbottom), der vorwiegend aus (Hardcore-)Sex besteht und wenigen Spielszenen. Als Film ist das eher ermüdend, aber die Sex-Szenen sind schön.

HORROR

Crazies - die Army verliert ein paar Kanister mit Bio-Kampfstoffen, weshalb eine Kleinstadt unter Quarantäne gestellt wird. Natürlich geht alles drunter und drüber und schief und keiner hat eine Ahnung von irgendwas. "Die Army ist niemandes Freund", sagt einer der jungen Männer, die vor den Einsatztruppen fliehen, "wir müssen es wissen, wir gehörten selber dazu". 1973 drehte George A. Romero diesen bösen Real-Horror, der dramaturgisch abläuft wie alle Romero-Filme: Eine kleine Gruppe von Helden wider Willen schlägt sich durch ins Freie, denn nicht die Zombies sind die Feinde, die Staatsmacht ist es. Die Neuveröffentlichung glänzt durch O-Ton und eine Bildergalerie als "Extra". Damit keine Mißverständnisse entstehen: Crazies ist schlecht, die Schauspieler sind grottig, die Tricks lausig, die Schnitte und Anschlüsse falsch, das Drehbuch ist zum Weglaufen. Aber er hat Geschichte gemacht, weil es Anfang der 70er so aussah, als würde der Horror-Film subversiv werden.

PORNO

Wonderland - bizarrer Drogenkrimi um die "Wonderland"-Morde 1981, in die der Pornostar John Holmes verwickelt war. Regisseur und Drehbuchautor James Cox wollte eine Mischung aus "Natural Born Killers" und "Boogie Nights" drehen, wobei ihm nicht nur sein eigenes Unvermögen, sondern vor allem Hauptdarsteller Val Kilmer im Weg standen. Der Verleih hatte offensichtlich auch keinen Bock auf den Film: auf dem Cover steht eine grotesk falsche Inhaltsangabe, und es wird nicht erwähnt, dass auf einer zweiten DVD eine vorzügliche 100minütige Dokumentation über Holmes' Leben zu sehen ist.

THAILAND

Angkuliman - auch wenn "Angulimala" auf dem Cover steht, der Held heißt Angkuliman, und das heißt: "der die Finger seiner Feinde sammelt". Hier gibt es schiere Archaik. In der Frühzeit, vor dem Einzug des Buddhismus, wird einem Kind eine Zukunft als großer Verbrecher geweissagt. Weil sich für so einen Schule nicht lohnt, muss er Ziegen hüten, bis ihm ein Berggeist einredet, er müsse nur 1000 böse Menschen töten, um sein Schicksal zu besiegen. Weshalb er nach 999 Metzeleien vor der Frage steht: einen Mönch umbringen oder selber Mönch werden? So kraftvolle Parabeln kriegt man im Westen kaum noch, allerdings auch nicht so spannungslos zerdehntes Schattenspiel.

TERROR

Omagh - Das Attentat - am 15. August 1998 ließ die Splittergruppe "Real IRA" eine Autobombe in der nordirischen Stadt Omagh hochgehen, was 29 Menschen das Leben kostete. Der Film stellt das Leben nach dem Anschlag in den Vordergrund, die Leiden der Angehörigen, die von der Polizei belogen werden und einer Verschwörung auf die Spur kommen. Trotzdem haben Paul Greengrass (Buch) und Pete Travis (Regie) keinen sensationsschrillen Rachestreifen gedreht, sondern eine eher dokumentarisch feinfühlige Reflexion über Trauer und Wut und wie eine Potestantisch-Katholische Gemeinde zusammenwächst in der Verachtung für den Terror. Die "Extras" enthalten ein langes Interview mit dem Sprecher der Angehörigen, Michael Gallagher, dessen Person im Mittelpunkt des Filmes steht.

NAZIS

Ewige Schönheit - Film und Todessehnsucht im Dritten Reich - sanft ironischer Filmessay über die Selbstinszenierungssucht der Nazis, die viel lieber Mythen in die Landschaft stellten und Menschenmassen ordentlich gruppierten als sich um die Wirklichkeit zu kümmern. Mit schönen, bisweilen selten gezeigten Ausschnitten aus Spiel- und Propagandafilmen belegt Marcel Schwierin, dass es den Nazis von Anfang an um ihr Bild für die Nachwelt ging. Das ist kein besonders tiefer Gedanke, aber er wird sehr unterhaltsam belegt. Als "Extra" gibt's ein 10minütiges, sehr aufschlussreiches Interview mit Schwierin.

POMP

Vanity Fair - Thackaray meets Bollywood. Aus der Figur der Aufsteigerin Becky Sharp baut sich Regisseurin Mira Nair eine feministische Heldin des frühen 19. Jahrhunderts, und weil Reese Witherspoon das spielt, klappt das ganz vorzüglich. Was weniger klappt ist das Drehbuch, das nach der Hälfte der 137 Minuten ein bißchen den Überblick verliert. Zudem hätte eine weniger schwülstige Musik dem Film gut getan, der viel moderner ist als er sich anhört. Die DVD kommt in einem schönem Schuber und mit Booklet daher, zwei längere "Extras" erklären was zu den Dreharbeiten, diverse "Entfallene Szenen" sind zu sehen, die es zu Recht nicht in den Film schafften.

ACTION

Blast - es rummst und zischt, und eine ganze Bande B-Leute vor und hinter der Kamera macht ein ordentliches Fass vom Stirb Langsam-Typ auf. Ein Fiesling besetzt eine Bohrplattform, um von da aus Banken auszurauben (irgendwas mit EMP und Computerhacks), aber ein schwarz-weißes Duo aus Schlepperkapitän und Undercover-Trottel tun was dagegen. Alle Standards werden mit Wumm und Haudrauf erfüllt, bemerkenswert ist nur, das noch vor 10 Jahren Stars sowas gespielt hätten.