Kurztipps Juli 2005
ACTION
Cliffhanger - einer der ganz wenigen Renny Harlin Filme, in denen kein Feuerzeug auftaucht. Sondern bloß Sly Stallone als Action-Man vor beeindruckender Alpenkulisse. Er muss Oberfiesling John Lithgow die Kastanien aus dem Gletscher holen und Gspusi Janin Turner (Ausgerechnet Alaska) vor dem Absturz retten. Davon hat sie sich nie wieder erholt.
HORROR
The Toolbox Murders - Altmeister Tobe Hooper hört nicht auf. Für fast kein Geld und mit zwei Ideen drehte er den Slasher-Klassiker The Toolbox Murders neu. Die erste Idee kommt gut: ein Jodie Foster-Lookalike in einem rumpelnden Haus mit seltsamem Hausmeister irre werden lassen. Die zweite ist: Hämmern, Sägen, Nieten bis das Blut kommt. Bäh. Mit einem lustigen Making Of.
WONG KAR-WAI
Fallen Angels - in den 90ern wirkten die schnellen, kalten Filme aus Hongkong erfrischend deprimierend. Junge Leute tun sinnlose Dinge und reden drüber; manchmal. Dazu stürzt sich die Kamera in abenteuerliche Fahrten, Montage und Licht nehmen der Geschichte allen Realismus. Selbst hier, wo es sich um eine Art Genrekino handelt (ein bisschen "Le Samurai" auf chinesisch), dominiert das Artifizielle: Nach einer Massenschießerei ist sogar die Kameralinse voller Blut. Derart schwarzer Humor rettet Kar-Wais Filme vor dem Absturz ins vollends Pathetische. Trotzdem wirken sie mit 10 Jahren Abstand seltsam leer. Die DVD enthält ein paar karge Text-Menus als Extras.
CITY SLICKERS
Trouble ohne Paddel - harmlos-nette Buddie-Komödie, in der drei 30jährige in der Wildnis den Sinn des Lebens wiederentdecken (sei nett zu Frauen und Kindern und vögel die schöne Nachbarin). Der beste Gag kommt nicht im Film, nur in den "Extras" vor: Die Wildnis von Oregon, wo der Film spielt, wurde komplett von Neuseeland gedoubelt. Wenn es sich für eine Westküsten-Filmgesellschaft lohnt, Oregon in Neuseeland nachzubauen, scheint mit der US-Filmwirtschaft definitiv was falsch zu laufen. Der auf der DVD enthaltene kollektive Kommentar der Crew ist in seiner Albernheit kaum zu ertragen, der Kommentar von Regisseur Steven Brill dafür recht interessant.
LIFESTYLE
Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich - Dustin Hoffman und Barbra Streisand machen ein Fass auf und zeigen den Spießern, wie man richtig lebt. Auf der DVD sind bezaubernde Outtakes und geschnittene Szenen, die fast noch mal einen eigenen Film ergeben.
GEFÜHL
The Door in the Floor - erzählt klug nur das erste Drittel eines John Irving-Romans. Kim Basinger leidet ergreifend ruhig an toten Kindern und sterbender Ehe, Jeff Bridges ruiniert hinreissend aller Leben und liebt sie doch, Elle Fanning, die jüngere Schwester der umwerfenden Dakota, gibt verstörend sicher die vereinsamte Spätgeborene, die eigentlich die Hauptfigur von Irvings Roman "Witwe für ein Jahr" ist. Im Film überragt Jeff Bridges alles. Und John Irving erzählt in den schönen Extras, wie gut ihm das gefällt.
HEARTWARMING
Jersey Girl - Kevin Smith war Vater geworden, weshalb erst mal Schluss war mit den "Jay & Bob"-Albernheiten à la Dogma oder Mallrats. Die Fans waren enttäuscht, trotzdem ist das eine nette, einerseits konventionelle, andererseits typische Smith-Komödie geworden, über wahre Werte und das schöne Leben in New Jersey. Die DVD enthält neben zwei ziemlich durchgeknallten Regiekommentaren eine Featurette über die Dreharbeiten und einige sehr witzige Kurzfilme, die Smith für die Jay Leno-Show gemacht hat: In "Roadside Attractions" reist er zu den irrsinnigsten Touristen-Zielen in den USA und stellt herrlich bescheuerte Fragen - sozusagen Michael Moore auf Droge.
POWELL / PRESSBURGER
Irrtum im Jenseits - 1946 drehte das für märchenhafte Stoffe, verrückte Einfälle und philosophischen Kitsch berühmte englische Duo Michael Powell (Regie) und Emric Pressburger (Buch, Produktion) die wohl seltsamste Himmel-und-Erde-Story der Welt: Der junge David Niven, Bomberpilot, überlebt irrtümlich einen Absturz in den letzten Kriegstagen, und während er auf der Erde in herrlichen Technicolor-Farben sich in eine schöne amerikanische Armeehelferin verliebt, wird ihm im schwarzweissen Himmel der Prozess gemacht. Muss er nachträglich sterben, darf er lieben? Bis zum Happy End streiten sich Yankees und Tommys über ihre Nationalcharakter-Vorurteile. Die Amerikaner schnitten einen nackten Ziegenhirten raus, die deutsche Synchron-Fassung kriegte ein paar Witze nicht mit. Als Extra gibt es einen guten Text über Powell/Pressburger und die Produktion.
Die roten Schuhe - 1948 kriegten Powell/Pressburger 2 Oscars für diesen einflussreichen Tanzfilm nach einem Hans Christian Andersen-Märchen. Ein Mädchen will Balletteuse werden, ein Junge will Komponist werden, ein Impresario beutet beide hemmungslos aus, um grosse Kunst zu machen. Am Ende sind alle unglücklich, haben aber ein bedeutendes Werk geschaffen. Ganz wie Powell/Pressburger, die zum ersten Mal Film und Ballet mit allerlei Kamera- und Inszenierungstricks zu einem Rausch verschmolzen. Ein Amerikaner in Paris ist deutlich schmissiger, aber Gene Kelly zählte Die roten Schuhe zu seinem Vorbildern. Und über Martin Scorseses Bett hängt heute noch ein Plakat davon. Als Extra gibt es einen laufenden Textkommentar.
MYSTERY
The big empty - David Lynch für Rockabillys: ein arbeitsloser Schauspieler (Jon Favreau) kriegt von einem seltsamen Alten mit strahlend blauen Augen einen Koffer, den er gegen Honorar in einem Wüstenkaff abliefern soll. Dabei gerät er an die nette Dorf-Wirtin (Daryl Hannah; Bild) und deren minderjähriges Tochter-Luder (Rachael Leigh Cook), an einen smarten FBI-Agenten (Kelsey Grammar), an einen brutalen Cowboy (Sean Bean) und an Dorfbewohner, die glauben, auf einem UFO-Bahnhof zu wohnen. Was wirklich passiert, ist nicht gewiss, aber die blauen Augen werden immer mehr. Debütant Steven Anderson hat sein Low Budget-Buch zu einem kleinen Kult-Stück gemacht. Wer Lynch liebt, wird diesen Anderson mögen. Der auch einen lehrreichen Audiokommentar beisteuert.
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