Kurztipps Juni 2005

BLUTIG

SAW - zwei Australier drehen in Hollywood für 1,2 Mio Dollar in 18 Tagen einen blutigen Thriller, der sich sehen lassen kann (Ultimo 3/05). Was im Kino "ab 18" war, bringt der Verleih "ab 16" heraus (5 Minuten kürzer), dazu die nicht freigegebene Kinofassung und einen ebenfalls nicht jugendfreien "Director's Cut", der 10 Sekunden länger ist. Außerdem werden Kinofassung + Director's Cut + Soundtrack als 3erPack in den Handel gebracht. Die Specials (unter anderem ein herrlich alberner Audiokommentar von Regisseur und Drehbuchautor) sind nur auf der Kinofassung-DVD. Wem sieben zu heftig war, sollte hier allerdings gar nicht erst hingucken.

FLÜCHTLINGE

Kleine schmutzige Tricks - o je, diese deutschen Titel: "Dirty pretty things" hat es hier nie ins Kino geschafft, obwohl der 2002 entstandene Immigranten-Thriller von Stephen Frears ist. Er erzählt vom Leben der Illegalen in London. "Wir sind die Unsichtbaren", sagt Hauptfigur Okwe, "wir fahren eure Taxis, putzen eure Zimmer und lutschen eure Schwänze". Mit grimmigem britischem Humor entstehen ein Krimi und eine Liebesgeschichte (mit der bezaubernden Audrey Tautou als Türkin), beide Handlungslinien haben mit Mord, Nötigung und Verzweiflung zu tun, nur eine davon geht gut aus. Im Audiokommentar beklagt sich Frears, dass es kaum noch möglich sei, in London zu drehen, weil alles überwacht werde, für alles brauche man eine Genehmigung. Trotzdem hat sein Kameramann Chris Menges starke Bilder aus den düsteren Ecken Londons geliefert.

KLASSIKER

Die letzte Nacht der Titanic - 1958 stellten Engländer die Katastrophe des Jahrhunderts in schönen Schwarzweiß-Bildern nach. Das Drehbuch, mit vielen witzigen Beiseite-Szenen, schrieb Eric Ambler, die Kamera führte Geoffrey Unsworth, der später mit 2001 unsterblich wurde, und die heute weitgehend unbekannten Schauspieler tun einen beeindruckenden Job. Die DVD enthält eine restaurierte Fassung ohne die Kürzungen der TV-Version. Dazu kommen informative Extras zur Titanic und über die Geschichten und Legenden, die sich um sie ranken.

FILM IM FILM

The Last Shot - Die letzte Klappe - Was für eine verrückte Idee: FBI-Mann Alec Baldwin tarnt sich als Filmproduzent, um die Transportarbeiter-Mafia zu fangen. Als Regisseur verpflichtet er einen Kino-Kartenabreisser (Matthew Broderick), der aber nicht eingeweiht wird. Der muss zwar sein "Arizona"-Drehbuch auf "Boston" umschreiben (weil da eben die Mafia sitzt), aber für seinen Jugend-Traum vom Film tut er alles. Auch der FBI-Mann verfällt dem Fieber und verpfuscht beinahe seinen Fall. Bis die Bombe platzt. Und die sonst eher spärlichen Extras das wahre Geheimnis aufdecken: der Fall ist echt. Der Film aber kann sich nicht entscheiden zwischen böser Business-Groteske und schnulziger Feier der Filmverrückheit. Es bleiben eine Menge gut gelaunter Darsteller (Tony "Monk" Shaloub, Callista "Ally" Flockhart, Ray Liotta) und ein amüsiertes Gefühl.

ZEITREISE

The I Inside - Im Auge des Todes - Roland Suso Richter (14 Tage lebenslänglich) durfte als internationales Debüt für diesen kleinen Psycho-Thriller Amerika in Wales nachbauen. Ein Mann erwacht in einer einsamen Klinik und kann sich an nichts erinnern. Wer ist er? Wer ist die Frau, die ihn besucht? Dann erwacht er noch einmal, zwei Jahre in der Vergangenheit, mit einer anderen Frau, aber in der selben Klinik. Immer öfter springt er zwischen den Zeiten herum, und je mehr er über sich und seine Geschichte herausfindet, desto seltsamer entwickelt sie sich. Bis er am Ende ... na - der Regisseur erläutert in den knappen Extras, dass er erst während des Schnitts festlegte, wie es wirklich ausgeht. Es ist ein ordentlicher Beitrag zum Sub-Genre der Filme geworden, die im Kopf ihrer Hauptperson spielen.

KÜNSTLICH

Sky Captain and the World of Tomorrow - der erste komplett vor der Bluescreen entstandene Abenteuerfilm, der anschließend in 2jähriger Arbeit mit Hintergründen, Licht und Effekten bearbeitet wurde. Das sieht gut aus, kommt aber über "Tim & Struppi treffen Superman" nicht hinaus. Erheblich spannender ist die Produktions-Geschichte, die in drei guten Extras auf der DVD ausgebreitet wird.

ANIMATION

Die Unglaublichen - auf 2 DVD sehen wir den Film (mit Kommentaren) und diverse Aspekte der Machart. Und wie so oft bei Pixar-Filmen weiß man nicht, was man mehr bewundern soll: die Meisterwerke, die da regelmäßig das Haus verlassen oder den unbändigen Mut von Studio-Chef Lasseter, nach jedem Erfolg eine völlig andere Richtung einzuschlagen. Hier wurde Regisseur und Autor Brad Bird ins Studio geholt mit dem Auftrag: wir sind zu verwöhnt geworden, misch den Laden mal ein bisschen auf. Und was man von dem 4jährigen Produktionsprozess sieht: Bird hat seinen Auftrag sehr ernst genommen.

RE-ANIMATION

The Fog of War - Robert Strange McNamara, Kriegsminister unter Kennedy und Johnson, erzählt von sich und seinen Taten. Wie er für 5 Wochen Präsident von Ford wurde. Wie er den Vietnam-Krieg begann. Warum er zurücktrat, als er ihn nicht beenden konnte. Regisseur Errol Morris macht daraus ein eher sentimentales Filmchen, das weniger an historischen als an persönlichen Wahrheiten und Verstrickungen interessiert ist und das beweist, dass man jedes Bild irgendwie mit sentimentaler Bedeutung aufladen kann, wenn man es mit Musik von Philip Glass hinterlegt. Dafür gab's haufenweise Preise und den "Oscar". Die DVD enthält ein paar zusätzliche Interview-Szenen und 10 Thesen von McNamara, wie wir die Welt besser machen. Wer wirklich an Inhalten und Wahrheiten interessiert ist, lese lieber ein Buch, zum Beispiel McNamaras Memoiren "Vietnam - Das Trauma einer Weltmacht" (Hamburg, 1996) oder Neil Sheehans "Die grosse Lüge" (Wien, 1992).

JACQUES TATI

Drei Filme des französischen Komikers bringt Universum neu heraus: Jour de Fetes (in der Farbfassung, zusammen mit dem 15minütigen Kurzfilm "Schule der Postboten"), Die Ferien des Monsieur Hulot (endlich in einer vollständiger Kopie und mit sehr gutem Bild & Ton) sowie Playtime, das rätselhafteste unter Tatis Werken. Alle drei Filme (wie auch der leider fehlende "Mon Oncle") vermitteln das Bild beinahe buddhistischer Komik: es passiert pausenlos nichts, das aber ist sehr witzig.

ROCK'N'ROLL

Clubland - ist ein fünf Jahre alter Film über die Clubszene in L.A. und wirkt wie ein Relikt aus den frühen Neunzigern. Hätte vielleicht gut werden können, wenn das Schauspielerensemble nicht absolut unfähig, die Ausstattung nicht von vorgestern und der Film nicht mit unzähligen Klischees und Stereotypen zugestopft wäre. Nun kann man nicht voraussetzen, dass die Regisseurin von Friedhof der Kuscheltiere extrem clubkulturbeflissen ist. Aber etwas mehr als koksende Rock-Diven und Tanzflur-Schlägereien hätte man sich doch gewünscht. Für Extras war man sich, bis auf einen L.A.-Drehortführer, zu schade. Ach ja - Steven Tyler hat eine Gastrolle.

QUATSCH

Keine halben Sachen 2 - ganz schlimmer Absturz vom eh schon niedrigen Humor-Level des Vorgängers. Nur für Bruce Willis- und Amanda Peet-Fans Pflicht, für alle anderen eine Qual.

KRACH

Metallica - Some Kind of Monster - die erfolgreichsten Hard-Rocker der Welt machen eine jahrelange Gesprächstherapie und ein Doku-Film-Team verfolgt Entziehungskuren, Geheim-Konzerte, Gruppen-Dynamik und die Mühen, die Multimillionäre mit einem simplen Riff im Studio haben. Auf der Zusatz-DVD erzählen die üppigen Extras, Interviews, Deleted Scenes dann noch eindringlicher, wie bürgerlich es bei Rockern in der Seele doch so zu geht.

MÄNNER

Kameraden - nur für ganz harte "Männer"-Freunde: Steve Kokker porträtiert russische Kadetten, ein bisschen homosexuell, ein bisschen mehr heldendarstellerisch, und ganz schlimm künstlerisch verwackelt und verrauscht.

LERNHILFE

Richtig Filmen - seit beinahe jedes Telefon schon Bilder knipsen kann, steigen die Anforderungen an Hobby-Filme stark. Was sich früher Schmalfilm-Amateure im Verein beibrachten, das gibt es längst als Publikumszeitschrift am Kiosk. Und jetzt auch auf DVD. Der Fachverlag Schiele & Schön startet seine Reihe "richtig filmen" mit dem Titel "Biografie - Schritt für Schritt zum perfekten Filmportrait". Ein selbstlaufender Grundkurs mit Moderator erklärt an Beispielen, wie man ein "Lebensbild" plant, Interviews vorbereitet, Archiv-Material einbindet und so weiter. Aber auch Nicht-Biografen lernen allerlei: wo man die Kamera hinstellt, wie die Beleuchtung wirkt, was ein Schnitt ist und welche Quellen man zum Weiterlernen nutzen sollte. Die DVD hat einen DVD-Rom-Teil, der Checklisten, Literaturempfehlungen, Artikel und Internet-Links enthält. Alles zusammen ersetzt locker ein Semester Volkshochschule. Am didaktischen Aufbau und der Navigation aber sollte noch etwas geschraubt werden.

ANIMATION

Die Unglaublichen - auf 2 DVD sehen wir den Film (mit Kommentaren) und diverse Aspekte der Machart. Und wie so oft bei Pixar-Filmen weiß man nicht, was man mehr bewundern soll: die Meisterwerke, die da regelmäßig das Haus verlassen oder den unbändigen Mut von Studio-Chef Lasseter, nach jedem Erfolg eine völlig andere Richtung einzuschlagen. Hier wurde Regisseur und Autor Brad Bird ins Studio geholt mit dem Auftrag: wir sind zu verwöhnt geworden, misch den Laden mal ein bisschen auf. Und was man von dem 4jährigen Produktionsprozess sieht: Bird hat seinen Auftrag sehr ernst genommen.

RE-ANIMATION

The Fog of War - Robert Strange McNamara, Kriegsminister unter Kennedy und Johnson, erzählt von sich und seinen Taten. Wie er für 5 Wochen Präsident von Ford wurde. Wie er den Vietnam-Krieg begann. Warum er zurücktrat, als er ihn nicht beenden konnte. Regisseur Errol Morris macht daraus ein eher sentimentales Filmchen, das weniger an historischen als an persönlichen Wahrheiten und Verstrickungen interessiert ist und das beweist, dass man jedes Bild irgendwie mit sentimentaler Bedeutung aufladen kann, wenn man es mit Musik von Philip Glass hinterlegt. Dafür gab's haufenweise Preise und den "Oscar". Die DVD enthält ein paar zusätzliche Interview-Szenen und 10 Thesen von McNamara, wie wir die Welt besser machen. Wer wirklich an Inhalten und Wahrheiten interessiert ist, lese lieber ein Buch, zum Beispiel McNamaras Memoiren "Vietnam - Das Trauma einer Weltmacht" (Hamburg, 1996) oder Neil Sheehans "Die grosse Lüge" (Wien, 1992).

JACQUES TATI

Drei Filme des französischen Komikers bringt Universum neu heraus: Jour de Fetes (in der Farbfassung, zusammen mit dem 15minütigen Kurzfilm "Schule der Postboten"), Die Ferien des Monsieur Hulot (endlich in einer vollständiger Kopie und mit sehr gutem Bild & Ton) sowie Playtime, das rätselhafteste unter Tatis Werken. Alle drei Filme (wie auch der leider fehlende "Mon Oncle") vermitteln das Bild beinahe buddhistischer Komik: es passiert pausenlos nichts, das aber ist sehr witzig.

MÄNNER

Kameraden - nur für ganz harte "Männer"-Freunde: Steve Kokker porträtiert russische Kadetten, ein bisschen homosexuell, ein bisschen mehr heldendarstellerisch, und ganz schlimm künstlerisch verwackelt und verrauscht.

LERNHILFE

Richtig Filmen - seit beinahe jedes Telefon schon Bilder knipsen kann, steigen die Anforderungen an Hobby-Filme stark. Was sich früher Schmalfilm-Amateure im Verein beibrachten, das gibt es längst als Publikumszeitschrift am Kiosk. Und jetzt auch auf DVD. Der Fachverlag Schiele & Schön startet seine Reihe "richtig filmen" mit dem Titel "Biografie - Schritt für Schritt zum perfekten Filmportrait". Ein selbstlaufender Grundkurs mit Moderator erklärt an Beispielen, wie man ein "Lebensbild" plant, Interviews vorbereitet, Archiv-Material einbindet und so weiter. Aber auch Nicht-Biografen lernen allerlei: wo man die Kamera hinstellt, wie die Beleuchtung wirkt, was ein Schnitt ist und welche Quellen man zum Weiterlernen nutzen sollte. Die DVD hat einen DVD-Rom-Teil, der Checklisten, Literaturempfehlungen, Artikel und Internet-Links enthält. Alles zusammen ersetzt locker ein Semester Volkshochschule. Am didaktischen Aufbau und der Navigation aber sollte noch etwas geschraubt werden.