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Krankmacher

Ein Schimpfbuch über »Schlechte Medizin«

Dick sein ist nicht ungesund. Aus dieser seit Jahren eigentlich unstrittigen Erkenntnis abzuleiten, dass das Gegenteil der Fall sei, ist eine der vielen Volten, die Gunter Frank in seinem Buch Schlechte Medizin - Ein Wutbuch schlägt. Franks Verdienst besteht darin, in diesem durchweg polternden Kompendium über "schlechte Medizin" all die Glaubenssätze anzugreifen, mit denen Ärzte und Gesundheitssystem uns seit Jahren zu Patienten machen, ohne dass dabei für uns viel herauskäme.

Dafür führt Frank die bekannten Fälle Cholesterin und Bluthochdruck an (beide müssen als "Volkskrankheit" behandelt werden, weil die Grenzwerte immer wieder verschoben wurden), er guckt sich die Studien an, auf die sich andauernd berufen wird und stellt fest, dass manche Schulmeinung auf einer Studie mit 47 Teilnehmern beruht, von denen am Ende der Studie gerade mal 27 noch zur Verfügung standen. So wettert Frank (der auch schon mit dem bekannten Ernährungskritiker Pollmer zusammen gearbeitet hat) gegen Gemüsewahn und Vollkornbrot, Fleischverzicht und Sportdiktat. Dass er in vielen Punkten Recht hat, schützt den Wut-Autor Frank allerdings nicht davor, immer wieder übers Ziel hinauszuschießen. Man mag die Behauptung, Fleischkonsum sei ungesund, für falsch halten, man muss deshalb nicht die angeblich sanften Methoden der neuen Massentierhaltung preisen. Hilfreich sind Hinweise darauf, dass (nicht nur) Ärzte Statistiken und Studien nicht lesen können, dass Fortbildungen meistens direkt von der Pharmaindustrie gesponsert werden.

Wer immer schon mal nachlesen wollte, warum es meistens gesünder ist, nicht zum Arzt zu gehen, wird fündig. Und weiß nach dieser lehrreichen Einführung in die Kunst der Skepsis auch, wann er diesem Buch misstrauen sollte.

Erich Sauer
Dr. med. Gunter Frank: Schlechte Medizin. Ein Wutbuch. Knaus, München 2012, 287 S., 16,99